„Erschwingliche Alternative vom Spring bis zum Bigster

Der Spring ist das kleinste und zugleich das erste vollelektrische Modell von Dacia. Auch er trägt das neue Markengesicht der rumänischen Renault-Tochter. Foto: Lothar Dönges

Von Lothar Dönges

In Zeiten von Pandemie, Klimawandel und weltpolitisch unsicherer Lage haben die globalen Automobilhersteller nicht den leichtesten Stand. Da macht auch der deutsche Pkw-Markt keine Ausnahme, wenngleich sich die Neuzulassungen im zurückliegenden Jahr bei acht der 15 führenden Autobauer verbessert haben und sich die Minuszahlen bei den übrigen sieben Herstellern „im Rahmen“ bewegten.

Interessant und nicht einfach zu erklären ist die Entwicklung im Renault-Konzern. Während die französische Mutter in Deutschland ein Minus von 24,6 Prozent auf 79 861 Verkäufe hinnehmen musste, legte der rumänische Ableger Dacia mit 60 390 verkauften Fahrzeugen um sage und schreibe 49,7 Prozent zu. Das Unternehmen erzielte damit im zurückliegenden Jahr einen Gesamt-Marktanteil von 2,3 Prozent und einen Privatanteil von über fünf Prozent.

„Vom Billigheimer zur selbstbewussten Marke: Dacia hat in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Entwicklung hingelegt. Zu Beginn als Renaults Resterampe verspottet, etablierte sich die rumänische Tochter als nachhaltige und erschwingliche Alternative für den kleinen Geldbeutel“, urteilte das anerkannte „Auto-Medienportal.net“.

In 18 Jahren über 800 000 Verkäufe

Der Dacia-Mini Spring macht aus jeder Perspektive eine gute Figur. Der Kleinwagen in SUV-Optik wurde seit Markteinführung in 2021 schon 100 000 Mal gekauft. Foto: Lothar Dönges

Insgesamt 800 000 Modelle wurden in den vergangenen 18 Jahren über die mehr als 700 Händler der Muttermarke Renault in Deutschland abgesetzt, und 2022 war das Rekordjahr mit knapp 60 400 Verkäufen. Vier Fünftel (79 Prozent) davon gingen an Privatkunden. „Inzwischen wird Dacia als cool wahrgenommen“, sagt der deutsche Produktmanager Frederik Monnet. Nach Ansicht von Managing-Director Thilo Schmidt „steht die Marke zudem für erschwingliche Mobilität, bestes Preis-/Leistungsverhältnis, Zuverlässigkeit und Wertstabilität“.

Mit der Maxime „Konzentration auf das Wesentliche“ will die Renault-Tochter nun ein neues Kapitel aufschlagen. Dazu wurde die Modellpalette auf vier Baureihen reduziert und zeitgleich einem einheitlichen Look inklusive neuem Markenlogo unterzogen.

Unangefochtener Bestseller bleibt der kompakte Sandero, kaum weniger gefragt das Sports Utility Vehicle (SUV) Duster, gefolgt vom Kleinstwagen Spring. Der neue Jogger ersetzt die Modelle MCV, Lodgy und Dokker und soll im Spätsommer als erster Vollhybrid-Dacia mit 141 PS (104 kW) auf den Markt kommen.

Im Sommer kommt die stärkere Version

Mit dem Auto-Quartett war Dacia jüngst auf Deutschland-Tour, wenige Tage nach der Fachpresse-Präsentation des angekündigten Jogger (siehe gesonderten Bericht). Während Sandero und Duster erst einmal nur marginale Veränderungen erfahren, präsentierte Dacia mit dem Spring Essential 45 das günstigste viersitzige und von der Verbraucherschutzorganisation „Green NCAP“ ernannte umweltfreundlichste E-Auto auf dem deutschen Markt. Es steht ab Sommer ebenso bei den Händlern wie die stärkere Version Spring Electric Extreme mit 65 PS.

Den Stadt-Stromer in SUV-Optik bietet Dacia ab 22 750 Euro an (leistungsstärkere Version ab 24 550 Euro). Abzüglich der staatlichen Umweltförderung (einschließlich Hersteller-Anteil) in Höhe von 7177 Euro kostet der Spring Essential für potenzielle Interessenten 15 573 Euro.

Dafür erhalten Käufer einen Kleinwagen mit elektrischem Antrieb, in dem man vorne bequem sitzt, obgleich das Einzelgestühl nur wenig Seitenhalt bietet, die Sitzhöhe nicht variabel einstellbar und das Lenkrad nicht verstellbar ist. Dacia verzichtet auf unwesentliche Teile, um leichte Fahrzeuge herzustellen. Bemerkbar macht sich das unter anderem bei der Akustik-Dämmung bei höherer Geschwindigkeit. Der Innenraum besteht zu großen Teilen aus – allerdings ordentlich verarbeitetem – Hartplastik.

Vorne ist Platz für groß gewachsene Passagiere, hinten wird’s eng. Für Frau oder Mann hinterm Lenkrad zeigt sich der „Arbeitsplatz“ aufgeräumt. Foto: Lothar Dönges

Das Infotainmentsystem wird auf einem 7-Zoll-Bildschirm angezeigt. Das System ist simpel aufgebaut und reagiert flott auf Eingaben. Das Navigationssystem ist einfach gehalten und funktioniert punktgenau. Per Android Auto oder Apple CarPlay lässt sich das Mobiltelefon über Kabel mit dem System verbinden. Pluspunkte sammelt der Spring außerdem durch die Einparkhilfe hinten sowie die Rückfahrkamera, mit seinen sechs Airbags, Gurtstraffer und -begrenzer sowie dem radarbasierten Notfall-Bremsassistenten.

Hinten kuschelig für große Leute

Eng wird’s auf der Rückbank. Für Großgewachsene ist schon der Zustieg in den Fond mit einer gymnastischen Übung verbunden. Haben sie Platz genommen, bleibt die Hoffnung, dass vorne kleinere Passagiere einsteigen, denn trotz der SUV-Optik ist und bleibt der Spring ein Winzling mit 3,73 Metern Länge, 1,58 Metern Breite, 1,52 Metern Höhe und einem Radstand von 2,42 Metern.

Dabei beträgt die Zuladung lediglich 320 Kilogramm. Dach-, Stütz- und Anhängelasten sind für den Spring Electric unzulässig. Die Dachreling ist also lediglich ein Hingucker, der ebenso wie die 15,1 Zentimeter Bodenfreiheit, die Protektoren an Radhäusern und Flanken und der optische Unterfahrschutz hinten den Mini-SUV-Anstrich aufwerten soll.

Das Gepäckabteil des Spring schluckt hinter der etwas umständlich zu öffnenden Heckklappe immerhin 290 Liter, bei umgelegter Rückbank und dachhoher Beladung circa 1100 Liter. Im Innenraum stehen zusätzliche 23 Liter zur Verfügung.

Eco-Taste bremst das Tempo

Die nicht per Starterknopf, sondern per Zündschlüssel aktivierte Maschine bringt es auf 33 kW (45 PS). Von dieser Version wurden in Deutschland seit 2021 bereits 18 500 Exemplare ausgeliefert. Beide Motorvarianten verfügen über eine Batteriekapazität von 26,8 Kilowattstunden (kWh), die dem Basismodell idealerweise mit 13,9 kWh (Extreme: 14,5 kWh) im Schnitt eine Reichweite nach WLTP-Messung von 230 Kilometern (Extreme: 220 Kilometer) bescheren soll. Auf urbanem Terrain mit häufigen Stop-and-Go- und Rekuperationsphasen sollen auch mehr Kilometer möglich sein, sagt Dacia. Weitere Kilometer lassen sich der recycelbaren Batterie mit Drücken der Eco-Taste abringen. Die Spitzengeschwindigkeit wird dann von 125 km/h auf 100 km/h begrenzt.

In der Stadt, auf Bundes- und Landstraßen spielt das Maximaltempo nicht die entscheidende Rolle. Dort schwimmt das nur 1045 Kilogramm leichte Spring-Basismodell in jeder Situation munter mit, macht bei Spurwechseln mit seinen ansatzlosen, spritzigen Spurts sogar richtig Spaß.

Hinter dem Ortsausgangsschild wird’s zäh. Zwar geht’s von null auf 50 km/h noch in 5,8 Sekunden (stärkere Maschine in 3,9 Sekunden), um auf Landstraßentempo 100 km/h zu kommen, braucht das Auto jedoch 19,1 Sekunden (65-PS-Motor 13,9 Sekunden). Dennoch: Dank der 125 Newtonmeter (Nm) Drehmoment, die elektrotypisch immer sofort anliegen, gelingt auch die Autobahnauffahrt in den rollenden Verkehr problemlos, und der Spring stellt auf der mehrspurigen Schnellstraße kein Hindernis dar. Mit etwas vorausschauender Fahrweise klappen selbst Überholvorgänge ohne Probleme.

Alles in allem: Interessenten bekommen mit dem Dacia einen e-Stromer mit Renault-Technik, der auch noch ganz gut aussieht. Für viele kann der seit 2021 auf dem Markt befindliche und schon 100 000 Mal georderte Spring der erschwingliche Einstieg in die Elektromobilität sein. Die Batterie-Ladezeit von null auf 80 Prozent beträgt übrigens nach Dacia-Angaben 56 Minuten, die Wartungsintervalle sind alle 30 000 Kilometer, die Garantie für die Batterie liegt bei acht Jahren oder 120 000 Kilometer.

Der kompakte Sandero ist der unangefochtene Bestseller im Angebots-Portfolio von Dacia. Er trifft fast jeden Geschmack der Autoliebhaber – von sportlich bis rustikal. Foto: Lothar Dönges

Der neue Duster kommt in 2024

Die neue Extreme-Outdoor-Optik wird als Ausstattungsvariante in diesem Jahr auch noch im Sandero und im Duster Einzug halten, bevor im Frühjahr 2024 eine komplette Neuentwicklung des beliebten SUV-Modells erscheinen soll. Und wiederum ein Jahr später wird Dacia eine Klasse höher mit seinem bislang größten Modell mit dem passenden Namen „Bigster“ im hart umkämpften C-SUV-Segment für Bewegung sorgen. Mit dem bullig gestylten VW Tiguan-Konkurrent, den er mit 4,60 Metern Länge um zehn Zentimeter überragt, stellen die Rumänen dann in gut zwei Dritteln der Modellsegmente die „erschwingliche Alternative“.

Der aufgehübschte Duster belegt im Angebot-Ranking von Dacia in Deutschland Platz zwei. Im nächsten Jahr kommt das erfolgreiche SUV komplett neu auf den Markt. Foto: Lothar Dönges