Mazda hat den Kult-Roadster MX-5 mit dem RF noch einmal neu erfunden / Das Fahrgefühl bleibt

Der Targa aus

Fernost hat

das Zeug

zur Designikone

Von Lothar Dönges

 

Es gibt wohl kaum jemand, der Deutschland-Geschäftsführer Bernhard Kaplan widerspricht: „Mazda entwickelt sich mehr und mehr zu der japanischen Design-Marke. Dieses Auto ist einfach Genuss pur“, stellt Kaplan selbstbewusst in den Raum des Mazda Space-Centers in Barcelona. Die Rede ist vom Kult-Roadster MX-5, dessen seit etwa einem Jahr auf dem Markt befindlicher vierte Generation mit dem „Retractable Fastback“ (RF) quasi ein Targa mit betörendem Design an die Seite gestellt wurde.

Zum ersten Mal in der mehr als 25-jährigen Geschichte des Mazda MX-5 gibt es eine attraktive Interpretation der Roadster-Ikone. Der RF ist kein MX-5 mit festem Klappdach. Kaplan ist überzeugt, dass der Sportwagen Kunden gewinnen wird, „die aus unterschiedlichen Gründen keinen Soft-Top-Roadster kaufen würden, aber durchaus eine Vorliebe für Cabrios haben; oder Kunden, die den RF einfach nur wegen seines Designs kaufen werden“. „Aus welchen Gründen auch immer, die Kunden erhalten auf jeden Fall das typische MX-5-Fahrgefühl, das dieses Auto so einzigartig macht“, so der Mazda-Chef.  Wenn er ihn nicht schon zusätzlich zum Titel „World Car of the Year 2016“ bekommen hätte, wäre spätestens jetzt der „World Car of the Year“-Designpreis fällig: Mit der neuen Variante RF des Roadsters MX-5 hat Mazda wohl eines der schönste

n Autos der vergangenen ein, zwei Jahrzehnte geschaffen. Die beiden Buchstaben stehen für „Retractable Fastback“ (frei übersetzt in etwa „einziehbares Fließheck“). Anders als beim Vorgänger, bei dem im Prinzip einfach nur ein Klappdach das Stoffverdeck ersetzt hat, haben die Entwickler dieses Mal einen ganz eigenen Weg gewählt.

Drei Elemente drei Materialien

Das Dach besteht aus drei Teilen. Der vordere ist aus Aluminium, daran schließt sich ein kurzes Zwischenstück aus Stahl an, und dann folgt ein großes Stück mit mächtiger, dynamisch nach hinten abfallender und langgezogener B-Säule – dieses Mal aus verstärktem Kunststoff. Entgegen gängiger Methoden verläuft die Heckscheibe jedoch nicht parallel dazu, sondern steht weit nach innen versetzt und fast senkrecht. So bleibt davor Platz für den Dachkasten.
Beim Ö

ffnen des Mazda MX-5 RF hebt sich das komplette hintere Teil ein Stück nach hinten und etwa 20 Zentimeter an. Dann können darunter nicht nur die beiden anderen Dachelemente verschwinden, sondern – noch eine Besonderheit – auch gleich noch die Heckscheibe. Anschließend kehrt der hintere Abschnitt mit den beiden Dachsäulen wieder an seinen Platz zurück und verwandelt den RF in eine Art Targa. So behütet lässt sich das Frischluftvergnügen auch zu fortgeschrittener Stunde oder bei kühleren Temperaturen länger genießen.
Die Verwandlung und damit das Öffnen und Schließen vollzieht sich elektrisch nach Betätigen eines kleinen Wippschalters im Cockpit und dauert insgesamt etwa 13 Sekunden (bis zu 10 km/h Geschwindigkeit). Der Vorgang wird im neuen 4,6-Zoll-Farbdisplay des Bordcomputers im linken der drei Rundinstrumente visualisiert. Bei geöffnetem Top ersetzt das serienmäßig montierte Acryl-Windschott einen Teil der verschwundenen Heckscheibe. Den Schulterblick kann sich der RF-Fahrer übrigens schenken, schräg hinter ihm steht die von außen schwarze Blende der Dachfinne, die ein abgedunkeltes Seitenfenster vortäuscht. Da macht der Toter-Win

kel-Assistent der Sports-Line durchaus Sinn.
Mazda positioniert das Retractable Fastback bewusst höher und zielt auf neue Kunden, denen die Stoffverdeck-Ausgabe zu puristisch ist und die Wert auf mehr Komfort legen. So gibt es nur den größeren 2,0-Liter-Motor mit 160 PS sowie die beiden oberen Ausstattungslinien Exclusive-Line und Sports-Line, zu denen ohnehin schon 90 Prozent aller MX-Käufer greifen.

Knackige Schaltung, sportlicher Sound

Das hat den in Alcantara oder Nappaleder ausgestalteten Innenraum sowie optional in die Kopfstützen integrierte Lautsprecher zur Folge. Außerdem erhält der RF als einziger MX-5 auf Wunsch in der Topausstattung für 1900 Euro extra auch eine Sechs-Stufen-Automatik. Wer möchte, kann auch am Wählhebel oder mit Schaltwippen hinter dem Lenkrad nach seinem Gustus ins Getriebe eingreifen. Die Elektronik kehrt allerdings sehr schnell wieder in den „D“-Modus zurück.
Die fließende Linie lässt das Auto länger wirken als es mit seinen nicht einmal vier Metern tatsächlich ist. Das Fastback betont zudem die hinteren Kotflügel stärker. Der RF bringt lediglich etwa 45 Kilogramm Mehrgewicht mit. Mazda hat zum Ausgleich den vorderen Stabilisator, die Federung und die Dämpfung der elektrischen Servolenkung leicht modifiziert. Analog zur Positionierung als neues MX-5-Spitzenmodell wurde auch noch mehr für die Geräuschdämmung getan. Unser Testwagen war allerdings im Übergang von Seitenscheibe zu Dachteil nicht immer ganz frei von leicht säuselnden Windgeräuschen.
Ansonsten bleibt es bei den bekannten Zutaten: Das sind allen voran die knackige Sechs-Gang-Handschaltung, der sportliche Sound und die spontane Gasannahme des turbolosen Benziners mit seiner recht homogenen Leistungsentfaltung. Selbst das Kofferraumvolumen blieb unangetastet.
Mazda rechnet damit, dass künftig etwa 45 Prozent aller MX-5-Kunden zum RF greifen werden. Für dessen Besonderheiten gegenüber dem bekannten Roadster müssen 2700 Euro mehr bezahlt werden. Das wären in diesem Jahr nach Einschätzung von Kaplan rund 2250 Fahrzeuge.
Unser Eindruck nach zweitägigen Testfahrten: Der Mazda-Geschäftsführer untertreibt. Die neue automobile Schönheit ist schon jetzt eine Designikone – irgendwo zwischen Chevrolet Corvette, Opel GT, Jaguar E-Type und dem Ur-Targa aus Zuffenhausen.

Die Markteinführung des MX-5 RF ist am ersten Februar-Wochenende. Die Preise beginnen bei 29 890 Euro.

Fotos (5): Lothar Dönges

Fakten und Technik

Mazda MX-5 RF

Maße: 3,92 m/1,74 m/1,27 m (Länge/Breite/Höhe)
Radstand: 2,70 m
Motor: R4-Benziner, 1998 ccm, Sauger
Leistung: 160 PS bei 6000 U/min
Max. Drehmoment: 200 Nm bei 4600 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 215 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,4 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 6,9 Liter
CO2-Emissionen: 161 g/km (Euro 6)
Leergewicht/Zuladung: 1045 kg/250 kg
Kofferraumvolumen: 127 Liter
Basispreis: 29 890 Euro

 

 

 

 

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