Kombis sind so etwas wie die „Allrounder“ unter den Autos: vernünftig und praktisch, aber nicht wirklich sexy. Musterknabe und ungekrönter König der kompakten Kombinationskraftwagen (dafür steht die Abkürzung „Kombi“) ist der Golf Variant, hinter dem sich die Wettbewerber einreihen. Ausgerechnet aus einem Teil der Welt kommend, in dem die beliebte europäische Karosserieform überhaupt keine Rolle spielt, macht mit der dritten Generation des Kia Ceed Sportswagon ein ernsthafter Rivale dem Golf den Thron streitig.
Als erster Hersteller auf dem deutschen Markt bietet Kia einen kompakten Kombi als Plug-in-Hybrid an: Der Ceed Sportswagon Plug-in-Hybrid kann im Elektrobetrieb bis zu 60 Kilometer weit und bis zu 120 Stundenkilometer schnell fahren. Er bietet im für fünf Erwachsene ausgelegten Innenraum genauso viel Platz wie normal und verfügt über ein Gepäckraumvolumen von 437 Litern, das sich je nach Bedarf auf bis zu 1506 Liter erweitern lässt.
Das Parallelhybridsystem mit 141 PS Gesamtleistung kombiniert einen 105 PS starken 1,6-Liter-Benzindirekteinspritzer mit einem 60,5 PS starken Elektromotor und treibt über ein Sechs-Stufen-Doppelkupplungsgetriebe die Vorderräder an. Der Kombi beschleunigt in 10,8 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht je nach Ausstattung eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 195 Stundenkilometern.
Über den serienmäßigen Typ-2-Ladeanschluss mit einer maximalen Leistungsaufnahme von 3,3 kW lässt sich der 8,9-kW-Akku an einer entsprechend leistungsfähigen 240-Volt-Ladestation in 135 Minuten von null auf 100 Prozent aufladen.
Lifestyle macht aus dem Kombi einen schicken Sportswagon
Und, pardon, der Wagen ist kein Kombi. Diese Klassifizierung gibt es heute ja nicht mehr. Der Lifestyle macht aus ihm einen Sportswagon. Das klingt einfach schicker und ist eher am Surferstrand zu erwarten als vor dem Baumarkt. Dort würde der Plug-in- Ceed als Sportswagon auch seine Nachteile offenbaren. Der Batterieeinbau kostet zwar keinen Passagierplatz, aber doch immerhin 188 Liter Kofferraumvolumen.
Ganz schlecht beherrscht der Ceed SW die Tugenden des Transports aber nicht. 437 bis 1506 Liter kann er einladen. Die Rückbank lässt sich komfortabel im Verhältnis 20:40:20 umklappen. Damit passt sich die Laderaum-Konfiguration sanftmütig an die jeweiligen Beförderungsaufgaben an. Die Zuladung ist wegen des gut 170 Kilogramm schweren Akkus nicht ganz ausreichend. Sie liegt bei höchstens 497 Kilogramm. Anhängen darf der Ceed aber immerhin 1,3 Tonnen. Vergleichbare Modelle müssen da passen.
Benziner und E-Maschine arbeiten Hand in Hand
Der Antriebsstrang ist nach gängigem Muster zusammengestellt. Ein nicht aufgeladener, 1,6 Liter großer Vierzylinder-Benziner arbeitet mit einer E-Maschine Hand in Hand. Der Verbrenner liefert 105 PS und 147 Newtonmeter (Nm) Drehmomentspitze, der Elektriker bringt es auf 44,5 kW/60,5 PS und steuert 170 Nm bei. Die Kopplung beider Antriebe führt zu einer Systemleistung von 141 PS. Die reicht für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 10,8 Sekunden, 195 km/h Höchstgeschwindigkeit sind möglich. Wer per Tastendruck den rein elektrischen Betrieb vorschreibt, kann immerhin bis zu 120 km/h schnell fahren, aber nicht lange. Besser geht es mit dem zurückhaltenden Druck aufs Pedal. Dann genügt die Akkuleistung von 8,9 kWh für bis zu 60 Kilometer Fahrstrecke.
Die Verbrauchsangaben sind wie bei allen Antriebsmodellen dieses Typs eher Augenwischerei. Nach Norm genügen dem Ceed Sportswagon Plug-in Hybrid 1,1 Liter Benzin für 100 Kilometer. Bei voller Batterie, versteht sich. Wenn die Akkuladung aufgebraucht ist, wird der dann weitgehend als Solist agierende Benziner durstig wie alle seine Artgenossen. Sechs bis sieben Liter sind dann bei praxisgerechter Fahrweise zu veranschlagen. Wir waren im Normaltempo hauptsächlich auf Land- und Bundesstraßen unterwegs und ermittelten im Schnitt 5,7 Liter.
Raumgewinn durch zwei Betriebssysteme
Der Akku ist zwecks Raumgewinn in zwei Betriebssysteme aufgeteilt. Das eine wird unter der Rückbank installiert, das andere unter dem Kofferraumboden, wodurch der Verlust an Ladevolumen resultiert. Serienmäßig an Bord ist ein Ladesystem mit 3,3 kW Leistung. An entsprechenden Ladestationen ist das elektrische „Auftanken“ in 135 Minuten möglich. Mit dem herkömmlichen Anschluss an der heimischen Schuko-Steckdose dauert der Ladevorgang fünf Stunden, für all jene, die den elektrischen Ceed für den Weg zur Arbeit und nach Hause nutzen, eine ausreichend kurze Zeit, die Batterie während der Dienstzeit im Betrieb wieder auf Vordermann zu bringen.
System hält lange am elektrischen Betrieb fest
Im beschwingten Vorstadtverkehr zeigt sich der Hybrid-Kia als angenehmer, aber nicht überengagierter Begleiter. Rein elektrisches und nicht zuletzt dadurch stressfreies Fahren ist möglich, macht Beschleunigungsvorgänge allerdings eher zäh und nachfolgende Straßennutzer ungeduldig. Aber das System hält lange am elektrischen Betrieb fest. Erst, wenn eine flinke Beschleunigung etwa beim Einfädeln gefragt ist und das Pedal auf die Bodenplatte gepresst wird, springt der Benziner deutlich vernehmlich bei und gibt dem Kia den gewünschten Schwung. Das serienmäßige Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen wechselt die Übersetzungen behände und meist zum rechten Zeitpunkt. Die komfortablen Schaltvorgänge fanden große Zustimmung.
Das agile Fahrverhalten in Kurven erkauft sich der Hybrid mit einer vergleichsweise strammen Federung. Die Lenkung erfreut unterdessen mit Genauigkeit und guten Rückmeldungen. Die Bremsen verlangen einen kräftigen Tritt, bleiben aber dennoch gut dosierbar. Die Karosserieneigungen sind spürbar, aber akzeptabel.
Viele Assistenten und Gimmicks sind serienmäßig
Der Ceed Sportswagon Plug-in Hybrid bietet serienmäßig LED-Scheinwerfer, ein Audiosystem mit Acht-Zoll-Touchscreen, eine Smartphone-Schnittstelle (Android Auto, Apple Carplay) mit Sprachsteuerung, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Smart-Key, eine Rückfahrkamera, Regen- und Dämmerungssensoren, Parksensoren hinten, höhenverstellbare und beheizbare Vordersitze. Für Komfort sorgen ein beheizbares Lederlenkrad, eine Supervision-Instrumenteneinheit mit 4,2-Zoll-Display, ein selbstabblendender Innenrückspiegel, elektrisch anklappbare Außenspiegel, Nebelscheinwerfer und 16-Zoll-Leichtmetallfelgen.
Je nach Ausführung beinhaltet das Ausstattungsangebot darüber hinaus zum Beispiel eine 10,25-Zoll-Navigation samt den Online-Diensten Kia UVO Connect, ein digitales Cockpit, eine Lederausstattung, einen elektrisch einstellbaren Fahrersitz, eine Sitzventilation vorne, eine sensorgesteuerte elektrische Heckklappe, ein elektrisches Glasschiebedach und 17-Zoll-Leichtmetallfelgen.
Umfassend ist auch die Assistenzpalette des Kombis, die von Frontkollisionswarner bis zum Fernlichtassistent serienmäßig enthalten ist. Hinzu kommen ausstattungsabhängig ein Stauassistent, eine adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Stop-and-go-Funktion, ein intelligentes Parksystem, ein Spurwechselassistent, ein Querverkehrwarner und eine Verkehrszeichenerkennung.
Bei 34 990 Euro beginnt die Preisliste des Ceed SW Plug-in Hybrid. Dafür gibt es die weitgehend komplett ausgestattete Einstiegsversion Vision. Die nächsthöhere Stufe erklimmt die von uns gefahrene Variante Spirit (36 190 Euro). DAB-Tuner, Querverkehrswarner und der Stauassistent sind hier die wesentlichen zusätzlichen Extras. Bei der 41 190 Euro kostenden Spitzenversion Platinum Edition zählen unter anderem 17 statt 16 Zoll große Leichtmetallräder, ein digitales Cockpit, Navigationssystem, die dreigeteilt umklappbare Rückbank, Sitzheizung hinten und Sitzbelüftung vorne zum Ausrüstungsstandard.
Kein Billig-, aber preiswertes Produkt
Alles in allem ist der Ceed SW kein Billig-, aber immer noch ein preiswertes Produkt. Die staatliche Förderprämie bietet zudem einen Kaufanreiz, und auch die verminderte Kilometerbesteuerung für Firmenwagen auf dem Weg zur Arbeit macht die Rechnung interessant. Außerdem nimmt Kia eine Spitzenstellung bei den Garantieversprechen ein. Denn wo sonst gibt es sieben Jahre Gewährleistung? (ld)