Opa Hoppenstedt wäre enttäuscht. In Zürich feiern sie das Auto ganz ohne Lametta und anderen Schmuckelementen. Die Messe ist seit dem Untergang des Genfer Automobilsalons der einzige Treffpunkt für Autofreunde in der Eidgenossenschaft. Vor 39 Jahren startete die Veranstaltung als Messe für lokale Züricher Händler, und damals konnte sich niemand vorstellen, dass Zürich einmal den renommierten Genfer Automobilsalon ablösen würde. Präsentierten damals gerade zehn Händlerorganisationen ihre Neuheiten, so stellten bei der aktuellen Ausgabe, die gestern zu Ende ging mehr als 70 Aussteller insgesamt 80 automobile Premieren vor und belegten die Messe bis zum letzten Quadratmeter.
Geblieben ist die Möglichkeit, Neuwagen auf der Messe zu bestellen, und ebenfalls blieb der nüchterne Auftritt der Hersteller, und das ist auch die Absicht der Veranstalter. „Während bei etlichen Automessen die Inszenierung der jeweiligen Marken im Vordergrund steht, ist unsere Auto Zürich seit je eine reine Verkaufsmesse“, erklärt der Gründer der Veranstaltung, Karl Bieri. Offensichtlich honorieren die Aussteller auch, dass die Veranstalter seit der ersten Auto Zürich die Tarife für die Ausstellungsflächen im Gegensatz zu Genf nur geringfügig erhöht haben.

Um die Neuheiten den Medienvertretern vorzustellen, entwickelten die Veranstalter einen neuen Weg und schickten insgesamt 26 Neuheiten auf eine Bühne. Jeweils fünf Minuten hatten die Markenverantwortlichen Zeit, um ihre Preziosen der versammelten Presse zu zeigen. Wer überzog, riskierte eine gelbe oder rote Karte des Moderators. Allerdings zeigten die Vorstellungen auch den lokalen Charakter der Veranstaltung. Lediglich die Weltpremiere des Leapmotor C10 AWD sorgte für internationales Flair, ansonsten rollten ausschließlich nationale Premieren auf die Bühne, wobei sich bei der Präsentation auch die internen Schweizer Rivalitäten zeigten. Dass der Citroën-Verantwortliche ausgerechnet Bern als schönsten Kanton lobte, kam bei den Zürchern nicht unbedingt gut an. Zürich und Bern sind sich ähnlich herzlich verbunden wie Köln und Düsseldorf.
In den Hallen zeigte sich auch der bewusste Verzicht auf Showeffekte und andere Frivolitäten. Die Fahrzeuge standen aufgereiht wie in einem überdimensionierten Autohaus – kein Zufall, denn schließlich sind es die großen Handelsorganisationen, die sich hier präsentieren. Um den Verkauf anzukurbeln, bieten die Veranstaltern die Möglichkeit zu Testfahrten. Als erstes war der Maserati MC Pura ausgebucht. Daneben standen 45 Elektromobile für Probefahrten bereit. Insgesamt kamen 68.053 Besucher, um die Neuheiten zu besichtigen.

Während die Messe auf eine nüchterne Präsentation setzt, kamen die Freunde von Glamour und Glitzer am Sonntag auf ihre Kosten. Das Auktionshaus Broad Arrow versteigerte erstmals im Rahmen der Auto Zürich Oldtimer im Grand Hotel Dolder – eine glamourösere Umgebung ist in Zürich nicht denkbar. Das preiswerteste Modell war ein Fiat 500 L, Baujahr 1971 für einen Schätzpreis von 10.000 bis 15.000 Franken. Das teuerste Modell war einer von 71 hergestellten Jaguar D mit Kurzheck, der auf sechs Millionen Franken geschätzt wurde. Insgesamt 22 Millionen Franken wechselten für die kostbaren Stücke den Besitzer.
Während in der Messe Zürich das Automobil gefeiert wurde, droht den Besitzern von großen Fahrzeugen in der Stadt in Zukunft möglicherweise Ungemach. Das Stadtparlament hat sich einen Tag vor der Eröffnung der Messe gegen breite Autos ausgesprochen. Der Stadtrat ist nun aufgefordert, zu prüfen, wie „der Entwicklung zu immer breiteren Autos Einhalt geboten werden kann“. Grüne und Sozialdemokraten können sich danach vorstellen, dass „Personen mit einer Buße belegt werden, deren zu große Autos auf Privatparkplätzen in den öffentlichen Raum ragen“. Die beiden Parteien begründen ihren Vorstoß, weil die Autoindustrie immer breitere Autos auf den Markt bringt und dadurch die Straßen verenge. (aum)